Teenager ausser Rand und Band, muss dass wirklich so sein ?!
Ich bin manchmal erstaunt und vielleicht findest du dich gerade auch wieder in meinern Aussagen, die ich immer wieder im Alltag höre:
„Ahhhh, er kommt halt in die Pubertät!“
„Hatte sie ihre Tage!“
„Das ist völlig normal, dass er so ausser Rand und Band ist!“
„Das sind halt die Hormone.“
„Kinder in der Pubertät sind halt schwierig.“
„Jetzt wirds erst recht schwierig!“
Was fallen dir noch für Aussagen ein?
An vielen solchen Aussagen fühle ich oft wie hilflos die Eltern sind.
Sie fühlen, dass sich gerade in der Beziehung zum Kind, was verändert und können es nur diffus einordnen, was gerade bei ihrem Kind und ihnen selbst geschieht.
Und weil es wie zum guten Ton gehört, entlastet das Wort Pubertät.
Es ist wie eine Entschuldigung.
- Es ist oft wie der Anker, wo Eltern einbisschen Orientierung erfahren. Einbisseln Halt.
Aus meiner Sicht haben wir Pubertät völlig falsch verstanden.
Es muss nicht sein, dass du oder dein Kind schwierig werden und es einfach so ist sondern es verändert sich was auf der Beziehungsebene.
Und weil viele von uns Erwachsenen Bindungsprägungen erfahren haben, schürt die einkehrende Autonomiephase des Teenager, Ängste und Nöte in uns Eltern wach.
Hat das Kind die ersten Jahre genügend verlässliche Bindung erfahren, ist dieses Band zwischen Eltern und Kind stabil und der Übergang in die Autonomiephase gelingt spielend leicht.
Der Teenager erlebt sich als Autonomer, darf mehr Eigenverantwortung übernehmen und zieht in die Welt hinaus.
Oft wird diese Phase in der sogenannten „Vorpubertät“ ab 10 Jahren schon sachte eingeläutet.
Der Teenager weiss jedoch innerlich, dass er bei seinen engsten Bindungspersonen immer wieder Regulation und Sicherheit erfährt.
Er lehnt sich gerne an, sucht Nähe, wenn er sie möchte und Kontakt.
- Gibt es oft Streit oder Konflikte ist es wichtig als Eltern seinen liebevollen Standpunkt zu haben und wohlwollend, interessiert mit dem Teenager in Verbindung zu bleiben.
- Zieht sich der Teenager nur noch in sein Zimmer zurück, ist es deine Aufgabe als Eltern mit ihm immer wieder in Kontakt zu gehen.
Sie dürfen sich zurückziehen, ihr Wunsch nach Privatsphäre sollte gewahrt werden und doch braucht es Bindung.
Hat das Kind in den ersten Jahre eine sichere und verlässliche Bindung erlebt, wird es sie immer wieder zu dir suchen und sie finden, wenn es der Teenager braucht.
Wenn in dir ein Gefühl von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Resignation, versuchte Kontrolle hochkommt, ist es Zeit dir Unterstützung durch eine Fachperson zu holen.
Wichtige Verbindungspunkte in der Autonomiephase:
- Teenager wollen ihre Ruhe und brauchen ihren Space, doch sie brauchen auch dich präsent.
- Dieser Satz, sobald meine Kinder grösser sind brauchen sie mich nicht mehr so viel, ist nicht korrekt.
- Sie brauchen das Wissen und die Sicherheit, dass du da bist, verlässlich und ja ihre Spannweite wird grösser und doch brauchen sie diesen regulierten sicheren Ort zu Hause.
- Und es macht einen Unterschied, ob das Kind ganz alleine in der Wohnung ist oder in seinem Zimmer und hört die Geräusche der Mama, des Papas in der Wohnung.
- Teenager aktivieren in dieser Zeit mehr Autonomie und dies ist gesund.
- Durch die hormonelle Veränderung haben festgefahrene Prägungen aus Kindertagen eine Chance sich nochmals im Gehirn zu verändern.
Teenager brauchen in dieser Umbruchzeit:
- Dazu braucht es jedoch SICHERHEIT.
- SICHERHEIT und Privatsphäre in der Wohnung
- SICHERHEIT in der Bindung, um nach erlebten Abenteuer Co-Regulation zu erfahren.
- SICHERHEIT, ich traue dir dein Leben selbst zu, unterstütze wo du meine Hilfe benötigst, doch ich lasse dir den Freiraum eigene Erfahrungen zu machen.
Die Pubertät ist eine Veränderungs- und Wachstumsphase, die natürlich passiert.
Es ist eine Zeit, in der dein Teenager hormonell Hochleistungen vollbringt und sich nochmals neu kennenlernen darf.
Deshalb braucht es dich als Leuchtturm im grossen Ganzen.
Dieses Potenzial bringt die Zeit mit sich:
- Die Veränderung, die geschieht nach jahrelanger enger Begleitung, wandelt sich und je mehr du darin dich Selbst als Mama und Papa erkennst, desto einfacher, entspannter, ist diese wundervolle Zeit.
- Sie trägt eine so grosse Chance in sich, Verbindungslücken zu schliessen, anders auf dein Teenager einzugehen, ihn oder sie freizulassen und doch in Verbindung zu bleiben.
- Die Herausforderung sind nicht die Hormone oder der Teenager sondern dein Vertrauen in dich und dein Sohn, deine Tochter sowie eure ersten 12 Jahre und dessen Bindung und Verlässlichkeit, die ihr gemeinsam erlebt habt.
- Diese Zeit ist voller Potenzial für dich, dein Teenager und euer ganzes Familiensystem.
- Es kann nochmals ganz tiefe Heilung geschehen, wenn Eltern aufhören, ihre Herausforderung auf das Wort Pubertät zu projizieren und ganz ehrlich bei sich hinschauen, was in ihnen angestossen wird.
Teenager haben Power.
So viel Lebenskraft steckt in ihnen.
Sie stossen Dinge an, die nach Veränderung rufen und ja sie schwanken zwischen ich brauche jetzt gerade ganz viel Nähe und Co-Regulation und jetzt ziehe ich in die Welt und verändere sie.
Bin ein wichtiger Teil davon.
Was es für uns Eltern bedeutet:
- Für uns Eltern bedeutet es, wach und präsent zu sein.
- Im Vertrauen zu sein, eine liebevolle Verbindung mit sich selbst zu haben
- und einfach immer wieder zu staunen, welche Veränderung gerade seinen natürlichen Verlauf einnimmt.
Go with flow. Ist das Motto in dieser Zeit.
Die Bindungsphase der ersten gemeinsamen Jahre wird durch eine starke Autonomiephase abgelöst und das ist gesund. Es bedeutet Veränderung.
Und Veränderung bedeutet Leben
Wachstum findet statt.
Lebensfeuer entfachen sich.